Autismushund

Der Autismushund ist ein speziell ausgebildeter Hund, der Kinder und Erwachsene aus dem Autismusspektrum begleitet. Er ist mehr als ein Therapiehund, der nur durch seine bloße Anwesenheit die Entwicklung fördert und Freundschaft schenkt. Der Autismushund übernimmt gleichzeitig die Aufgabe eines Therapiehundes und die eines Assistenzhundes: Als Therapiehund kann er helfen, die Motorik und das Vokabular zu verbessern, Bindung zuzulassen und Kontakte zu fördern. Als Assistenzhund übernimmt der Autismushund aktiv Aufgaben, um die Sicherheit zu gewährleisten. Autismushunde sind nicht zu verwechseln mit dem Einsatz von Hunden in der tiergestützten Therapie. Während Hunde im Rahmen der tiergestützten Therapie in Förderprogrammen für autistische Kinder eingesetzt werden und so die Motorik, sprachlichen Fähigkeiten, Stressabbau und Kontaktaufnahme fördern, sind Autismushunde ausgebildete Assistenzhunde, die einem einzigen Autisten durch verschiedene erlernte Aufgaben helfen.

1996 wurde der erste Autismushund in Kanada ausgebildet. In Deutschland werden Autismushunde seit einigen Jahren ausgebildet. Autismushunde werden sowohl in Fremdausbildung, als auch in Selbstausbildung ausgebildet.

Autismushunde haben in der Reihe der Assistenzhunde eine Sonderstellung. Klassisch arbeitet ein Assistenzhund immer für einen Menschen, denjenigen mit der Behinderung.

Assistenzhund      Mensch mit der Behinderung

Während ein Kind im Rollstuhl die Hauptbezugsperson für seinen Hund ist und seinem Assistenzhund die Kommandos geben muss wie "Bring Stift" oder "Licht", hat der Autismushund mehrere Bezugspersonen. Der Autismushund arbeitet in einem Dreiergespann aus:

Mutter/Vater      Kind mit Autismus      Autismushund

Bei einem Autismushund für das Kind übernehmen die Eltern eine entscheidende Rolle. Sie übernehmen die vollständige Verantwortung für den Hund, während der Hund eine enge Bindung zu allen Familienmitgliedern aufbaut und sowohl dem Autisten als auch den Eltern hilft. Ein Autismushund verbessert das Leben der gesamten Familie.

Jeder Autismushund wird individuell auf die Bedürfnisse des Betroffenen ausgebildet. Zuerst durchläuft ein Autismushund die Grundausbildung und erlernt das richtige Verhalten und die Standards eines Assistenzhundes. Im Anschluss mit ca. 1 Jahr beginnt die Ausbildung auf die individuell hilfreichen Autismushund Aufgaben.

Aufgaben eines Autismushundes

  1. Weglaufen in der Öffentlichkeit verhindern
    Der Hund ist über eine spezielle Autismushundleine mit dem Kind verbunden. Sobald das Kind versucht wegzulaufen und sich die Leine spannt, setzt sich der Autismushund und verhindert so durch sein Gewicht, dass das Kind weglaufen kann. Er ermöglicht den Eltern schnell zu ihrem Kind zu gelangen.
  2. Weglaufen im Haus anzeigen
    Der Autismushund zeigt wahlweise durch Läuten einer Glocke, eines Alarmknopfes oder Bellen an, wenn das Kind die Wohnung durch die Haustür, Terrassentür oder Fenster verlässt. Dies ermöglicht den Eltern schnell reagieren zu können.
  3. Weglaufen im Haus verhindern
    Zusätzlich kann der Hund lernen, den Ausgang zu versperren, wenn das Kind unerlaubt das Haus verlassen möchte.
  4. Kind suchen
    Der Autismushund kann lernen das Kind zu suchen, falls es doch unbemerkt aus dem Haus wegläuft. Der Hund findet das Kind meist innerhalb weniger Minuten, weil der Hund sofort weiß, in welche Richtung das Kind gegangen ist und wo es sich ungefähr aufhält.
  5. Bei nächtlichem Weglaufen die Eltern alarmieren
    Der Autismushund benachrichtigt die Eltern, wenn das Kind nachts sein Zimmer verlässt. Auf diese Weise können viele Eltern nachts zum ersten Mal seit langem wieder durchschlafen, weil sie wissen, dass ihr Kind nicht mehr unbemerkt nachts aufstehen wird.
  6. Sicherheit im Straßenverkehr
    Der Autismushund lernt an jedem Straßenübergang zuverlässig stehen zu bleiben und die Straße nur auf Kommando zu überqueren, wenn kein Auto oder keine Fahrradfahrer kommen. Dies verhilft insbesondere Kindern und Erwachsenen, die eine Gefahr des Straßenverkehrs
  7. nicht wahrnehmen, zu mehr Sicherheit.
  8. Beruhigen bei Reizüberflutung und Unterbrechen von Meltdowns und Stereotypem Verhalten
    Der Autismushund kann lernen Meltdowns und Stereotypes Verhalten zu unterbrechen, indem er sich mit seinem Körper über die Beine des Autisten legt. Durch diese Nähe hilft er ebenfalls bei Reizüberflutungen zu beruhigen.
  9. Abschirmen in der Öffentlichkeit
    In der Öffentlichkeit, zum Beispiel beim Einkaufen in einer Schlange an der Kasse, lernt der Autismushund den Autisten vor zu viel Nähe abzuschirmen.
  10. Hindernisse anzeigen
    Für Autisten, die Schwierigkeiten mit der visuellen Reizverarbeitung haben, kann der Autismushund lernen Hindernisse anzuzeigen.
  11. Geräusche anzeigen
    Für erwachsene Autisten, kann es hilfreich sein, wenn der Autismushund in der Wohnung Geräusche anzeigt. Wenn er aufgrund einer Überflutung nicht schnell genug auf das Läuten des Telefons oder der Türklingel reagieren kann, kann der Autismushund ihn darauf aufmerksam machen und zum Geräusch führen.
  12. Hektik minimieren
    Wenn der Autist bei einem Spaziergang zu hektisch wird, kann der Hund lernen, sein eigenes Tempo zu verringern und den Partner so daran zu erinnern, dass er langsamer gehen sollte.
  13. Epileptische Anfälle anzeigen
    Einige Autisten haben zusätzlich epileptische Anfälle. Diese kann der Hund lernen anzuzeigen und die Eltern zu Hilfe zu holen.

Wissenschaftliche Studien

Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden international verschiedene Studien zu Autismushunden durchgeführt, die alle positive Auswirkungen auf die Kinder feststellten! Während sich die Studien im letzten Jahrhundert weitgehend mit der Rolle des Hundes in der tiergestützten Therapie bei Autisten beschäftigte, führten Forscher 2004 an der Tufts University School of Veterinary Medicine in den USA die weltweit erste Studie durch, die sich direkt mit Autismushunden befasste. An der Studie nahmen 22 Familien teil, deren Kinder einen Assistenzhund der Organisation "National Education for Assistance Dog Service" erhielten. Darunter waren auch einige Kinder mit Autismus. 88% der Familien berichteten eine bedeutende Verbesserung der sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Kinder.

2008 folgte eine Studie am Ontario Veterinary College in Kanada über den Effekt von Autismushunden auf die Entwicklung der Kinder. Für diese Studie wurden zehn Familien mit autistischen Kindern zwischen 4 und 14 Jahren interviewt, die einen Autismushund hatten. Alle Familien berichteten von einer Verbesserung in verschiedenen Bereichen:
Verbesserung der Sicherheit der Kinder im Haus und in der Öffentlichkeit, der motorischen Fähigkeiten, der sozialen Interaktion innerhalb der Familie, der Kontaktaufnahme gegenüber anderen Menschen, Verbesserung der Angstzustände, wenn der Autismushund in der Nähe ist, Verringerung der Meltdowns, wenn der Autismushund in der Nähe ist, Verbesserung der emotionalen Bedürfnisse der Eltern.

Die Universität von Montréal in Kanada führte 2010 eine Studie mit 42 Autismushunden durch, die von der MIRA Foundation ausgebildet wurden und in Familien mit Kindern zwischen 3 und 14 Jahren lebten. In dieser Studie untersuchten sie die Auswirkung von Autismushunden auf den Stress der Kinder, wobei der Cortisolgehalt bei den Kindern gemessen wurde. Untersucht wurde das Cortisol beim Kind, sowohl als der Hund beim Kind war, als auch wenn der Hund weg war. Das Ergebnis war, dass das Cortisol niedriger war, wenn der Hund anwesend war, was darauf schließen lässt, dass Autismushunde den Stress mindern können. Zusätzlich berichteten die Eltern von weniger Wutanfällen und einer größeren Toleranz der Kinder gegenüber Geräuschen, wenn der Hund in der Nähe war.

Im selben Jahr untersuchten Forscher in Irland die Auswirkungen von Autismushunden auf das Familienleben. In der Studie wurden sieben Familien interviewt, die einen Autismushund von der Irish Guide Dog Association erhalten hatten. Alle Eltern berichteten, dass sich ihr Leben positiv verändert hatte, seit der Autismushund bei ihnen lebt. Weiterhin erzählten alle, dass der Autismushund jedes Mal zuverlässig anzeigt und das Kind findet, wenn es in Gefahr ist. Sie schlossen daraus, dass ein Autismushund zuverlässiger ist, als jeder Alarm, Sicherungsschlösser und Überwachungskameras. Zusätzlich hatten die Kinder weniger Wutanfälle und Meltdowns, konnten besser schlafen und hatten weniger Angst. So ermöglichten die Autismushunde den Familien Ausflüge und Urlaube mit der ganzen Familie, die vorher nicht denkbar waren. Auch in der Öffentlichkeit und im Straßenverkehr zeigte die Studie ausnahmslos Fortschritte, weil der Autismushund die Sicherheit der Kinder verbesserte.

Voraussetzungen für einen Autismushund

  • Ihr Kind und Sie sollten Hunde mögen und sich bei Hunden wohl fühlen.
  • Der Autist sollte keine Abneigung gegen intensive Gerüche, wie denen eines Hundefells haben und keine Angst vor lauten Geräuschen wie Bellen und hektischen Bewegungen eines Hundes haben.
  • Gegenüber Tieren sollte sich Ihr Kind nicht aggressiv verhalten.

"Ich habe das erste Mal von Hunden für Autisten bei meiner Recherche im Internet gelesen. Bin dann durch gezielte Suche auf das Deutsche Assistenzhunde-Zentrum gestoßen. Schon die ersten Emails haben mir das Gefühl gegeben, dass man mich als Mutter versteht, somit war es auch klar, dass wir die nächsten Schritte mit dem Deutschen Assistenzhunde-Zentrum zusammen gehen werden. Uns wurde ein Trainer zugeteilt, der uns unseren Golden Retriever Welpen suchte und mit dem wir uns jede Woche trafen. Auch hier hat man gemerkt, dass die Trainerin sofort wusste wie sie mit unserem Sohn umgehen sollte. Sie hat nichts von ihm verlangt und wir konnten sehr schnell gute Erfolge sehen. Jetzt ist unser Pepe kurz vor der Prüfung und meinem Sohn geht es so gut wie noch nie zuvor. Es war genau die richtig Entscheidung für das Deutsche Assistenzhunde-Zentrum."
Familie Handke